UHC Nesslau Sharks startet Inklusionsprojekt mit Procap Toggenburg

18.10.22 | Verein

Der UHC Nesslau Sharks und die Behindertensport-Organisation Procap Toggenburg spannen zusammen und führen 1x pro Monat ein Unihockey-Training für Menschen mit einer Behinderung durch. Toggenburg24 hat ein Training der Procap Unihockey-Gruppe besucht und ein Interview mit der Procap-Leiterin Rita Zwingli und UHC-Leiter Rolf Schlumpf geführt.

Um was geht es beim Inklusionsprojekt zwischen Procap Toggenburg und dem UHC Nesslau Sharks?

Rolf Schlumpf: Jeweils am ersten Mittwoch im Monat kommen wir vom UHC Nesslau Sharks in die Johanneum Turnhalle und führen mit der Turngruppe von Procap Toggenburg ein Unihockey-Training durch, wo wir den Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Grundlagen des Unihockey Sports beibringen.

Rita Zwingli: Ich habe Rolf bei einer PluSport Ausbildung in Magglingen kennengelernt. Dort haben wir gemerkt, dass wir das gleiche Ziel verfolgen. Gemeinsam haben wir dann entschieden, ein Inklusionsprojekt zwischen Procap Toggenburg und dem UHC Nesslau Sharks aufzugleisen.

Rolf Schlumpf: Ich habe von 2013 bis 2017 bei Procap Sarganserland-Werdenberg ehrenamtlich gearbeitet und dort eine Basketballgruppe geleitet. So bin ich das erste Mal mit dem Behindertensport in Berührung gekommen. Während meiner Zeit bei Procap Sarganserland-Werdenberg haben wir auch einen Unihockey-Club gegründet, der nun im UHC Sarganserland integriert ist. In der Zwischenzeit wohne ich wieder im Toggenburg und durch meine unihockeybegeistere Partnerin bin ich mit dem UHC Nesslau Sharks in Kontakt gekommen. Weil mir die Arbeit mit dem Unihockey-Club bei Procap Sarganserland-Werdenberg so gut gefallen hat, wollte ich nochmals das Gleiche machen.

 

Rita Zwingli gibt den Spielerinnen und Spieler Instruktionen. Bild: Gabriel Baal

Wer darf bei den Unihockey-Trainings mitmachen? Gibt es irgendwelche Voraussetzungen?

Rita Zwingli & Rolf Schlumpf: Nein, es gibt überhaupt keine Voraussetzungen. An unseren Trainings nehmen Leute aus der ganzen Region mit einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung teil. Die meisten arbeiten in geschützten Werkstätten. Etwa die Hälfte der Spielerinnen und Spieler leben auch im Johanneum in Neu St. Johann. Man muss keine speziellen Skills haben. Wir bieten die Unihockey-Trainings mit zwei Leistungsgruppen im Rahmen der Polysport-Turngruppe von Procap Toggenburg an. Von 18:00 Uhr bis 19:00 Uhr findet das Training für die etwas Langsameren statt, von 19:00 Uhr bis 20:00 Uhr für die etwas Schnelleren. Wichtig ist, dass wir uns nach den drei «L» richten: Lernen, Leisten und Lachen – das ist unser Motto. Mittlerweile haben wir insgesamt 30 Spielerinnen und Spieler, die an den Trainings teilnehmen.

Wie oft findet das Training statt?

Rita Zwingli & Rolf Schlumpf: Aktuell führen wir 1x pro Monat im Rahmen der Procap-Turngruppe ein Unihockey-Training durch.

Nehmt ihr an Meisterschaften teil?

Rolf Schlumpf und & Rita Zwingli: Die Unihockey-Gruppe kann theoretisch an Special Olympics Unihockey Turnieren teilnehmen. Es gibt aber keine Meisterschaften und Ligen wie im gewöhnlichen Unihockey. Special Olympics Turniere sind Tagesturniere, die an Wochenenden stattfinden. Die Trainer teilen ihre Mannschaft je nach Können in eine Kategorie ein und melden sie am Turnier an. Daneben gibt es noch Mehrtages-Turniere. Dort wird die Einteilung in die verschiedenen Kategorien aber nicht von den Trainern selbst, sondern von Juroren durchgeführt. Da diese Unihockey-Gruppe im Toggenburg aber erst gerade angefangen hat, haben wir noch an keinen Turnieren teilgenommen. An den Turnieren geht es nicht unbedingt ums Gewinnen – sondern auch um den Plausch und das Gruppenerlebnis.

 

Bei der Stafette ist höchste Konzentration gefragt. Bild: Gabriel Baal

Was habt ihr noch für Funktionen in euren Vereinen?

Rita Zwingli: Ich bin seit 2016/2017 Leiterin bei ProCap Toggenburg, wo wir wie ein Turnverein Polysport-Stunden anbieten Zudem bin ich noch zweite Leiterin beim FrauenturnvereinNesslau. Mich fasziniert beim Polysport, dass stets für alle was dabei ist. Beim TV Nesslau nehmen wir übrigens auch am Turnerabend teil (der nächste im Januar 2023).

Rolf Schlumpf: Ich bin auch Athletiktrainer des UHC Nesslau Sharks Nati B Frauenteams. Wir sind ein eingespieltes vierköpfiges Team aus zwei Athletiktrainer und zwei Headcoaches.

Was hat euch motiviert, ein solches Projekt auf die Beine zu stellen?

Rita Zwingli: Die Begeisterung der Turnenden. Wenn die Turnstunden oder das Unihockey-Training zu Ende ist, sieht man das Leuchten in den Augen. Das treibt mich an.

Rolf Schlumpf: Wenn du zu Beginn des Trainings in die Halle läufst, dann lachen dich die Spielerinnen und Spieler immer an, egal ob sie dich kennen oder nicht. Sie freuen sich jedes Mal extrem auf das Unihockey-Training. Es gibt so coole Gespräche und lustige Situationen. Das Ganze ist wahnsinnig ehrlich. Sie haben einfach Freude.

Es gibt verschiedene Levels von Leitern? Was gibt es für Stufen?

Rita Zwingli: In Prinzip kann jeder, der sich dafür interessiert, als Helfer kommen. Diese erhalten die Anweisungen stets von den Leitern. Dann gibt es die Assistenz-Stufe, das ist bereits eine erste Ausbildung beiPluSport Schweiz. Die Leiterin kann einzelne Aufgaben an die Assistenz delegieren, beispielsweise das Aufwärmen. Als Leiterin hat man stets die Hauptverantwortung und gestaltet das Training. Wenn man die theoretische Leiter-Ausbildung gemacht hat, wird man während vier Lektionen von Praxis- und Prüfungsbegleitern unterstützt und darf nach Bestehen der Praxisprüfung als Hauptleiterin arbeiten. Nach zwei Jahren Praxis kann eine Leiterin bei Eignung und Motivationeine weitere Ausbildung zur Praxis- und Prüfungsbegleiterin bei PluSport Schweiz absolvieren. Mittlerweile arbeite ich auch in dieser Funktion.

Rolf Schlumpf: Im Rahmen meines Sportstudiums habe ich verschiedene Module besucht, um mit Menschen mit einer Einschränkung arbeiten zu dürfen. Durch den Abschluss dieser Module habe ich eine Leiterfunktion und darf eine solche Unihockey-Gruppe

 
Rita Zwingli (Leiterin bei ProCap Toggenburg) und Rolf Schlumpf (Leiter bei den UHC Nesslau Sharks) Bild: Gabriel Baal

Wie wollt ihr das Projekt weiterentwickeln?

Rolf Schlumpf & Rita Zwingli: Wir gehen «step-by-step». Die Erhöhung auf zwei Unihockey-Trainings pro Monat wäre schon ein grosser Schritt. Unser Ziel ist, dass wir später einmal an einem Turnier teilnehmen können – beispielsweise einem Mixed-Turnier mit dem UHC Nesslau Sharks. Anschliessend werden wir evaluieren, in welcher Form wir es weiterführen wollen. Dank der Zusammenarbeit zwischen Procap Toggenburg und dem UHC Nesslau Sharks haben wir die besten Voraussetzungen dafür. Das Schöne ist auch, dass wir nie Werbung machen müssen. Die Teilnehmerzahl hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt – mittlerweile sind wir 30 Personen. Für viele ist das Training so was wie Ausgang. Wir sind auch altersmässig ganz durchmischt. Wir haben Personen von 14 Jahren bis über 70 Jahre. Den Altersunterschied merkt man nicht, denn jeder will einfach mit Freude Sport treiben –alle geben stets ihr Bestes. Sportlich ist der Mensch bis ins hohe Alter noch aufbaufähig. Das motiviert die Teilnehmenden. Eben «Lernen – Leisten – Lachen».

Ist die Integration der Unihockey-Gruppe von Procap in den UHC Nesslau Sharks – analog zum UHC Sarganserland – geplant?

Rolf Schlumpf & Rita Zwingli: Das ist eine grosse Herausforderung. Es ist schwierig, ein gemischtes Team zu machen, da die Anforderungen im Leistungssport anders sind. Wir sehen es als Inklusionsprojekt in dem Sinne, dass man die Spielerinnen und Spieler der Procap Unihockey-Gruppe so in den UHC Nesslau Sharks integriert, dass sie an Anlässen des UHC Nesslau Sharks dabei sind, sie an Matchs einlädt und sie an einem Mixed-Turnier mit Spielerinnen und Spieler des UHC Nesslau Sharks spielen. Da sehen wir einen grossen Mehrwert für die Procap Unihockey-Gruppe, für den UHC Nesslau Sharks, aber auch für die ganze Gesellschaft. Man darf sehen, dass wir alle miteinander etwas auf die Beine stellen können, alle mit ihrem individuellen «Rucksack» und einem gemeinsamen Ziel.

Beitrag verfasst von Toggenburg24.